Die Farbe des Schnees
Alle Dinge der Welt hatten schon ihre Farbe. Das Gras war grün, die Sonne war gelb, die Rose war rot und der Himmel war blau. Nur für den Schnee war keine Farbe übrig geblieben. Da entschloss sich der Schnee, die anderen zu bitten, ihm etwas Farbe abzugeben.
Zuerst ging er zur Wiese. „Gib mir ein wenig von deiner schönen grünen Farbe!“ sagte er. Aber die Wiese schüttelte all ihre Grashalme und gab ihm nichts.
Da ging der Schnee zur Sonne. „Gib mir ein wenig von deinem goldenen Licht!“ bat er. Aber die Sonne verhüllte sich hinter einer Wolke und gab ihm nichts.
Da ging der Schnee zur roten Rose. „Rose, stolze Rose, gib mir ein bisschen von deinem herrlichen Rot!“ Aber die Rose zeigte ihre Dornen und gab ihm nichts.
Da begab sich der Schnee zum Himmel und bat: „Himmel, du schöner blauer Himmel, gib mir ein wenig von deinem Himmelblau!“ Aber auch der Himmel wollte nichts abgeben.
So musste der arme Schnee unverrichteter Dinge abziehen.
Da sah er am Waldrand ein kleines, bescheidenes Blümchen stehen. „Könntest du ir vielleicht ein wenig von deiner schönen weißen Farbe abgeben? Wenn ich keine Farbe habe, wird es mir so ergehen wie dem Wind. Der hat auch keine Farbe und brüllt und bläst bloß. Den kann niemand sehen.“ Da erbarmte sich das Blümchen und gab dem Schnee von seiner weißen Farbe. Und so ist der Schnee weiß geworden.
Und das bescheidene Blümchen vom Waldrand, das heute noch in unseren Gärten blüht, heißt seitdem Schneeglöckchen.
Der Schnee ist seitdem nicht gut auf Blumen zu sprechen und lässt sie alle erfrieren. Nur dem Schneeglöckchen fügt er keinen Schaden zu und verschont es.
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