Samocca: Märchen vom Werden und Vergehen


Die Vergänglichkeit des Lebens, der Tod oder ein Hinüberwechseln in eine andere Form des Daseins, in die „Anderswelt“ – in unseren Märchen wird all das thematisiert. „Vom Werden und Vergehen“ war der Titel eines besinnlichen, zum Nachdenken anregenden Märchenabends der Erzählgemeinschaft Ostalb „Märchenbrunnen“.  Dass es trotz des ernsten Themas Anlässe zum Schmunzeln gab, liegt auch in der Wesensart des Märchens.

Den Anfang machte Ute Hommel mit einem irischen Märchen, das aus der Sammlung der Brüder Grimm stammt. König Cork verwehrt den Armen seines Landes den Zugang zu einem lebenswichtigen Element, dem Wasser. Zur Strafe müssen er, seine Tochter und alle seine Gäste in einem Palast auf dem Grund eines Sees tanzen und feiern, bis sie erlöst werden.
In einem zauberhaften keltischen Märchen aus Irland schilderte Helga Schwarting, wie ein Holzfäller, angetrieben von der Sehnsucht nach dem „paradiesischen Land“ seinen Bogen, sein Haus, ja sogar sein Leben beim Würfelspiel verliert. Er gelangt ins Paradies, kann aber sein irdisches Dasein zurück gewinnen. Fortan lebt er zufrieden in dem Bewusstsein, dieses Paradies einst wieder erlangen zu können.
Wie alle Märchen, so endet auch das tibetische Märchen von „Morgenröte und Abendstern“ glücklich – jedoch in einem sehr buddhistischen Sinn. Ein schönes junges Paar opfert seine persönliche Zukunft zugunsten seines Dorfes. Fortan stehen sie als stumme Felsen, aber sie haben ihrem Dorf das lebensnotwendige Wasser beschert.
Auch in dem griechischen Märchen von Philemon und Baucis bleiben die beiden Alten noch im Tode vereint. Für ihre Gastfreundschaft retten die Götter die beiden vor dem Untergang und belohnen sie mit einem gemeinsamen Leben nach dem Tod.
In dem Grimms Märchen von den sechs Schwänen sind die Grenzen zwischen Diesseits und Jenseits, zwischen Verwandlung und Erlösung fließend. Am Ende schafft es die Schwester, ihre Brüder vom Fluch der Hexe zu befreien und sie zurückzuholen in die Welt der Menschen.
Die Gestalt der Holle ist nicht nur die Schnee spendende Märchengestalt. In vorchristlicher Zeit galt sie auch als mächtige Göttin, als Urmutter und Herrin über Leben und Tod. In dem baltischen Märchen von „Frau Holles Apfelgarten“ möchte sie eine alte Frau zur Pflege ihrer Apfelbäume zu sich ins Paradies holen. Die gewitzte Alte aber zieht das irdische Dasein vor. Erst das Versprechen, zurückkehren zu dürfen, veranlasst die Alte, einen Blick ins Paradies zu tun.  Die Verheißung ewiger Jugend und Schönheit schließlich lässt sie einlenken. Fortan wird sie  im Paradies die Apfelbäume pflegen.
Die Märchen wurden einfühlsam und stimmungsvoll begleitet von Monika Begenat und Ute Hommel auf der Tischharfe und Marion Hösch auf der Veehharfe.