Märchen des Monats Oktober

Die Frau mit dem schwarzen Geißbock
Deutsches Märchen


Es war einmal eine alte Frau, die hat in einem ganzen kleinen, alten Häusle gelebt. Eine einzige Kuh hat sie gehabt, der haben die Rippen da so rausgeschaut – ein kleines Säule, ein paar Hennen und einen kohlrabenschwarzen Geißbock.
Die Leut, die haben sich denkt: die arme Frau, der ihr Häusle wird ja nur bloß noch von den Hypotheken zusammengehalten. Aber sie haben sich fei ganz falsch denkt, weil die Alt hat Geld wie Heu gehabt, und wenn die des Morgens die Kuh gemolken hat, der so die Rippen herausgeschaut haben: zwei Eimer voll Milch am Tag und die Hälfte davon bloß ein Rahm! Das Säule, so dürr wie’s war und bloß Eichele gefressen hat, wenn das geschlachtet worden ist – Trümmerschinken und Speckseiten nicht grad genug -- und von den Hennen hat jede am Tag zwei Eier gelegt.
Halt mal, bloß der Geißbock, der hat fei keine Blätter gefressen und kein Gras. Nein, der ist immer an den Küchenkasten hingegangen und da hat er sich rausgeholt, was ihm geschmeckt hat. Nach der Schnapsflaschen hat er auch immer recht geschleckt.
Am Abend, wenn die Alt, so hutzlig und krumm wie sie war, wenn sie ihre Fensterläden zugemacht hat und nach ihrem Häusle gegangen ist, da war die fei nimmer alt, da war’s eine schöne junge Frau – eine glatte Haut und dicke, schwarze Zöpf. Und der Geißbock, das war ein fescher Jäger. Und da haben sich die zwei die ganze Nacht gut gehen lassen in dem Häusle.
Lange Zeit ist das so weiter gegangen. Da ist einmal ein junges Bäsle von der Alten zu Besuch gekommen. Ein Madele wie Milch und Blut, blonde lockerte Haar, blaue Augen, Äpfelbäckle – so ein richtiges Posaunenengele.
Der Geißbock, der ist gleich immer so um das Madel rumscharwenzelt, hat’s ein wenig mit den Hörnern angeschubst und angemeckert. Und’s Madle hat sich denkt: Also, mei alte Basen, die ist ja nimmer im Kopf so recht beieinander, was lässt denn die das zottelige Viech im Haus herumrennen? Und dann hat’s gesagt: „Weißt was, morgen früh da geh ich wieder heim zu meine Leut.“
Mitten in der Nacht, das Madel hat in der Kammer im Bett geschlafen, wacht’s auf, steht da nicht ein junger Jäger vor ihrem Bett, und sie sagt: „Ja, wie kommst denn du da rein?“ Aber er macht: „Pst, pst, – net so laut.“ Aber das Madel sagt wieder: „Ja, wie kommst denn du da rein? Ich hab doch die Kammertür zugesperrt!“ „Pst, sei halt nedde so laut, es muß uns doch nicht gleich ein jeder hören.“ Aber da fängt das Madel doch wieder an: „Beim Herrgott und allen Heiligen!“
Da tut’s einen Schlag und einen Kracher! und das Madel schaut. Steht doch statt einem Jäger ein Geißbock vor ihrem Bett. Und schon kommt die Alte rein, sieht den Geißbock am Bett von dem Madele steh’n, packt ihn bei den Hörnern und sagt: „Marsch, naus mit dir in den Geißenstall, wo du hingehörst!“ Da tut’s noch einen größeren Schlag und einen ärgeren Kracher, und es wird stockfinster. Und bis das Madel ein Licht angezündet hat und schaut, da sieht’s: die alte Bas liegt mit einem umgedrehten Genick neben der Tür – maustot. Der Teufel hat’s geholt.
Weil, als eine junge Frau hat sie sich ihm verschrieben und drum ist er als ein Geißbock bei ihr geblieben. Und all ihre Lieb hat sie ein Leben lang an ihn verschwendet, aber die Eifersucht, das war ihr End.
Es sind ja schon nicht einmal andere treu - noch viel weniger fällt’s dem Teufel ein.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen